Das Buch auf einem türkisen Holzplanken-Hintergrund
Ragna Schmidts Blog

Rezension: C. Abendroth – Der salzige Geschmack unserer Freiheit

Für das Magazin Zauberwelten-Online.de verfasse ich regelmäßig Artikel und Rezensionen. Hier habe ich diskutiert, ob mich der diesjährige SERAPH-Preisträger „Der salzige Geschmack unserer Freiheit“ von Christopher Abendroth überzeugt.

Ashari ist halb Mensch, halb Leopardin – eine Morph. Im Jahre 2045 bezeichnet dieser Begriff eine durch Gentechnik erschaffene, rechtlose Spezies, die dem Menschen als Sklaven dient. Aber dürfen wir etwas unterwerfen und misshandeln, nur weil wir es im Labor gezüchtet haben? Das ist die grundlegende und hochspannende Frage von Christopher Abendroths Debüt Der salzige Geschmack unserer Freiheit.

Protagonist und Perspektivfigur der Sci-Fi-Novelle ist der Fantasy-Autor David Blake. Als Anhänger der Freiheitsbewegung Morph Freedom, die für die Rechte der Tiermenschen kämpft, erwirbt er zu Beginn des Romans seine eigene Tiersklavin – um sie zum Werkzeug von Morph Freedom zu machen.

Tiermenschen als moderne Sklaven

Ashari, eine junge Leopardenkreuzung, wurde wie viele andere von ihrer Spezies mittels brutaler Methoden gefügig gemacht. Nur, dass sie gegen diese sogenannte Konditionierung rebellierte und sich ihren Stolz erhielt. Es braucht eine Weile, bis die traumatisierte Morph Vertrauen zu David fasst, der sie mit Respekt behandelt.

Freilassen kann er sie allerdings nicht: Noch ist die Gesellschaft davon überzeugt, dass es in Ordnung ist, Morphs als Leibwächterinnen, Hausdienerinnen oder Escort-Girls zu missbrauchen. Bis dieses Unrecht ins Bewusstsein der Menschen gelangt, liegt noch ein weiter Weg vor David, Ashari und Morph Freedom. Und dass sich zwischen David und Ashari im Lauf der Handlung eine unverkennbare Chemie aufbaut, macht die Sache nicht unbedingt einfacher.

Ein gefundenes Fressen für Skyrim-Fans

Als Gamerin, die bisher in jedem Elder-Scrolls-Titel einen Khajit gespielt hat, weckte dieses Buch bei mir sofort brennendes Interesse. Das Thema, der zum Nachdenken anregende Titel, das schöne Cover – das alles passte für mich sehr gut zusammen und machte mich neugierig. Dazu die Snacklänge des Buchs? Eine angenehme Abwechslung.

Ich habe es gern gelesen und konnte für diese Zeit in eine interessante Welt und Geschichte abtauchen, die an manchen Stellen einen geradezu beklemmenden Sog entwickelte. Zum Beispiel schleppt David Ashari in einer Szene zu einer noblen Abendveranstaltung mit anderen Morph-Besitzer*innen.

Nachvollziehbare und spannende Konflikte

Die zu Beginn recht unpolitische Ashari soll so erkennen, wie grausam die Menschen mit ihren Morphs umgehen. Hier habe ich wirklich mit angehaltenem Atem gelesen. Auch eine Fernsehdiskussion am Ende ist gut gelungen. Der Konflikt zwischen den Beteiligten erscheint glaubwürdig und nachvollziehbar.

Einige Details im Laufe des Buchs ließen mich durchaus innehalten und meine eigenen Einstellungen und Gewohnheiten reflektieren. Was bedeutet Freiheit? Und nutzen wir sie wirklich aus?

Abendroths Sci-Fi-Szenario ist düster (Foto von Jonathan Formento auf Unsplash)

Der salzige Geschmack einer überwürzten Suppe

Was mich rauswarf, war aber leider immer wieder die Sprache. Mark Twain schrieb einst:

“Wenn Sie ein Adjektiv sehen, töten Sie es. Vielleicht nicht in jedem Fall. Aber töten Sie die meisten – dann ist der Rest wertvoll.”

Das ist eine Regel, die Abendroth leider nicht beherzigt. Genauso wenig spart er an Metaphern und sperrigen Partizipial-Konstruktionen. Hier wird nicht einfach nur gehandelt. Es wird “begehrend geglitten”, “von Herzen seufzend gehuscht” und “fürchterlich trötend gezetert”.

Die Figuren sind nicht einfach nur traurig –

“[…] statt Verständnis in ihren Augen zu erblicken, zerbrach die Spiegeloberfläche ihrer Seen und schmerzgepeitschte Wellen drängten empor”.

Abendroth schmückt Handlungen, Gefühle und Sprechakte derartig aus, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts der Fantasie der Leser*innen überlassen wird. Und das endet in einem Ton, der mir persönlich oft zu kitschig oder zu umständlich war.

Klar: Es kostet Mut, als Autor*in die “Show, don’t tell”-Regel zu befolgen und Gedanken und Gefühle der Figuren nur zu zeigen, anstatt sie den Leser*innen ins Gesicht zu reiben. Wie in …

“Ein Zorn flammte in David auf wie das Schwert in den Händen eines Paladins – bereit sengende Gerechtigkeit zu vollstrecken”,

oder

“Murrend zog sein Zorn den Schwanz ein und verschwand im diffusen Nebel von Davids Gefühlswelt”.

Abendroth lässt keine Fragen offen

Der Text wimmelt meiner Ansicht nach aber nur so von wertenden und erklärenden Adverbien, obwohl das Gesagte oder die Handlung einer Figur gut für sich gesprochen hätten. In meinen Augen hätten die starke Idee des Buchs und die tollen Argumente, die Abendroth ins Feld führt, sehr gewonnen, wenn die Sprache mehr aufs Wesentliche reduziert worden wäre. Wenn ich als Leserin hätte rätseln dürfen, was Ashari, David und ihre Kontrahent*innen gerade umtreibt.

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